Bayerns Masterplan Prävention: Saubere Luft – so wichtig wie sauberes Wasser

Stellungnahme der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Lufthygiene e.V.

Die Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Lufthygiene e.V. (DAGL) begrüßt ausdrücklich die Initiative des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit, Pflege und Prävention, mit dem „Masterplan Prävention“ die Gesundheitsvorsorge in der bayerischen Bevölkerung zu stärken. Prävention ist der Schlüssel zu einem gesünderen und längeren Leben für alle Bürgerinnen und Bürger. 

Wir möchten mit dieser Stellungnahme jedoch auf einen entscheidenden, im bisherigen Fokus des Masterplans aus unserer Sicht unterrepräsentierten Aspekt der Gesundheitsprävention aufmerksam machen: die Bedeutung sauberer Innenraumluft. 

So wie sauberes Wasser eine selbstverständliche Grundlage unserer Gesundheit ist, so essentiell ist auch reine Atemluft. Der Mensch verbringt durchschnittlich 80-90% seiner Lebenszeit in Innenräumen (z.B. Haushalt, Schule, Büro, ÖPNV, Arztpraxen etc.). Die Qualität der dortigen Luft hat daher einen immensen Einfluss auf unser Wohlbefinden, unsere Leistungsfähigkeit und unsere Gesundheit.

Luftverschmutzung als lebenslange Gesundheitsgefahr

Die wissenschaftliche Evidenz für die schädlichen Auswirkungen von Luftverschmutzung ist erdrückend. Der aktuelle Report1 des Royal College of Physicians, „A breath of fresh air“, in Großbritannien unterstreicht, dass Luftverschmutzung das größte umweltbedingte Gesundheitsrisiko darstellt. Die Schäden beginnen bereits vor der Geburt und setzen sich über die gesamte Lebensspanne fort.   Von der Schwangerschaft bis ins hohe Alter: Schadstoffe in der Luft werden mit niedrigem Geburtsgewicht, einer langsameren Lungenentwicklung bei Kindern, Asthma, Herzkrankheiten, Schlaganfall, Lungenkrebs und sogar Demenz im Alter in Verbindung gebracht. Kleine Partikel können in den Blutkreislauf gelangen und so jedes Organ im Körper erreichen und schädigen.

Wirtschaftliche und soziale Last

Die Folgen der Luftverschmutzung manifestieren sich nicht nur in individuellen Schicksalen, sondern auch in einer wirtschaftlichen Belastung für das Gesundheitssystem und die Volkswirtschaft durch Behandlungskosten und Produktivitätsverluste. Zudem verschärft Luftverschmutzung soziale und gesundheitliche Ungleichheiten, da oft sozial benachteiligte Gruppen einer höheren Belastung ausgesetzt sind.   

Besonderer Handlungsbedarf im Bildungsbereich 

Der Schutz von Kindern und Jugendlichen muss höchste Priorität haben. Ihre Entwicklung wird durch schlechte Luftqualität besonders beeinträchtigt. Aktuelle wissenschaftliche Untersuchungen, wie die großangelegte ImpAQS-Studie2 an 1200 Klassenzimmern in Österreich, belegen die dringende Notwendigkeit zu handeln. Die Studie zeigt, dass weniger als 25% der Schulen die empfohlenen Richtwerte für CO2 einhalten können; im Winter sind es sogar weniger als 12%. In Extremfällen wurden CO2-Konzentrationen gemessen, die fast siebenmal über dem Richtwert lagen. Diese unzureichende Luftqualität beeinträchtigt nicht nur die Konzentration und Lernfähigkeit, sondern erhöht auch nachweislich das Risiko für luftübertragene Infektionen wie Influenza, Sars-CoV-2 oder auch Masern. Die ImpAQS-Studie konnte zeigen, dass eine Verdopplung der Frischluftzufuhr das Infektionsrisiko in einem Klassenraum um etwa 30% senken kann. 

Unsere Empfehlungen als Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Lufthygiene 

Um dem fundamentalen Aspekt der Lufthygiene im „Masterplan Prävention“ den notwendigen Stellenwert einzuräumen, empfehlen wir als DAGL die Berücksichtigung folgender Maßnahmen:

1. Sensibilisierung der Bevölkerung 

Eine breite Aufklärungskampagne, die einerseits die positiven Aspekte sauberer (Innenraum-) Luft für die Gesundheit und das Wohlbefinden von uns allen hervorhebt und andererseits das Bewusstsein für die gesundheitlichen Risiken durch schlechte Innenraum- und Außenluft schärft, ist längst überfällig. Die breite Öffentlichkeit muss verstehen, dass die Qualität der Atemluft ebenso wichtig ist wie die Qualität von Trinkwasser und Lebensmitteln. 

2. Saubere Luft in Bildungseinrichtungen – Eine evidenzbasierte Notwendigkeit

Basierend auf den klaren wissenschaftlichen Erkenntnissen brauchen wir ein umfassendes Programm für bayerische Kitas und Schulen – vor allem:

  • Flächendeckende Ausstattung mit CO2-Ampeln: Sichtbare CO2-Monitore sind ein hocheffektives und niederschwelliges Instrument. Ihr Einsatz führte in der ImpAQS-Studie zu einer signifikanten Verbesserung des Lüftungsverhaltens und zu CO2-Konzentrationen, die in den Wintermonaten um bis zu 500 ppm niedriger lagen als in Räumen ohne Anzeige. 
  • Klare und verbindliche Lüftungsvorgaben für Bildungseinrichtungen: Diese müssen auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren und praxistauglich sein. Hierbei ist besonders wichtig, dass auch die Eltern adäquat über den Nutzen des Lüftens aufgeklärt werden. Denn frische Luft ist grundsätzlich gesundheitsfördernd. Leider halten sich hier hartnäckige Mythen vom “Luftzug, der krank macht”.
  • Förderung und Einsatz von hoch-effizienten Luftreinigern (HEPA-Filter): Insbesondere in Räumen, die nicht ausreichend gelüftet werden können, ist der Einsatz von HEPA-Filtern essentiell. Leider werden dieser Tage in vielen Städten bereits seit der Pandemie vorhandene Luftreiniger außer Betrieb genommen oder gar verschrottet. Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit sind hier Erlangen oder Landshut. Dies ist unserer Erfahrung nach einerseits auf mangelnde Aufklärung zum weiterhin vorhandenen Nutzen dieser Geräte zurückzuführen und andererseits stellen die fortlaufend anfallenden Wartungskosten die ohnehin finanziell angeschlagenen Kommunen vor Herausforderungen. Leider wird auf diesem Weg aber an der Gesundheit von Schülerinnen und Schülern sowie deren Lehrkräften und Betreuungspersonen gespart, was sich langfristig nicht auszahlen wird.

3. Verankerung von modernen zentralen Raumlufttechnischen (RLT-)Anlagen als verbindlicher Standard im Neubau und bei Sanierungen öffentlicher Gebäude

Moderne Baustandards stellen sicher, dass Gebäude gesundheitlich unbedenklich sind. Dabei ist vor allem dafür Sorge zu tragen, dass zu jedem Zeitpunkt saubere Luft im Innenraum zur Verfügung steht. Durch moderne Wärmerückgewinnung kann auch den Energiespar- und Klimaschutzzielen Rechnung getragen werden. Moderne Raumlufttechnische Anlagen helfen dabei, diese Standards und Ziele einzuhalten. Gerade in öffentlichen Gebäuden wie z.B. Schulen ist daher aus unserer Sicht eine zwingende Notwendigkeit, dass diese technischen Möglichkeiten zum Schutz der Gesundheit aller genutzt werden. 

4. Aufklärung in medizinischen Einrichtungen 

Ärztinnen und Ärzte sowie das Pflegepersonal spielen eine Schlüsselrolle. Sie sollten gezielt über die Zusammenhänge zwischen Luftqualität und Krankheitsbildern (z.B. Asthma, Allergien, Herz-Kreislauf-Erkrankungen) geschult werden, um ihre Patientinnen und Patienten kompetent beraten zu können. 

Ein Masterplan, der die Prävention umfassend denkt, muss die Lufthygiene als eine seiner zentralen Säulen begreifen

Als DAGL bieten wir dem Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention hierzu unsere fachliche Expertise und Unterstützung an und werben nachdrücklich dafür, die Qualität unserer Atemluft als unverzichtbare Grundlage für ein gesundes Bayern anzuerkennen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.

  1. Royal College of Physicians. A breath of fresh air: responding to the health challenges of modern air pollution. RCP, 2025; ISBN 978-1-86016-884-0 ↩︎
  2. McLeod, R.S., Hopfe, C.J., Villanova, L., Pollozhani, F., Gustin, M., Perkovic, T., Aznira, M. (2025) Verbesserung der Luftqualität in Schulen (ImpAQS): eine Längsschnittstudie zur Belüftung und Innenraumluftqualität in österreichischen Klassenräumen – Endbericht. Graz, Österreich: Technische Universität Graz; DOI 10.3217/978-3-99161-056-4
    ↩︎
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