Hohe Fallzahlen von Long Covid beeinträchtigen Arbeitsleben erheblich – Anpassungen und Prävention gefordert

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Hamburg, 21. April 2025 – Im Rahmen eines Online-Vortrags der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Lufthygiene (DAGL) beleuchtete PD Dr. Christine Blome von der Patient Reported Outcomes Forschungsgruppe am UKE die Häufigkeit und die erheblichen Auswirkungen von Long Covid auf das Arbeitsleben. Die Veranstaltung unterstrich die dringende Notwendigkeit von Anpassungen am Arbeitsplatz und präventiven Maßnahmen, um Betroffene zu unterstützen und volkswirtschaftliche Schäden zu begrenzen.

Dr. Blome präsentierte Ergebnisse der ECOS-Studie, einer repräsentativen Befragung in mehreren europäischen Ländern. Diese zeigte, dass 70% der erwerbsfähigen Personen mit einer bestätigten SARS-CoV-2-Infektion über mindestens vier Wochen Symptome aufwiesen, die nicht anders erklärbar waren (Long Covid). Auch nach über drei Monaten (Post-Covid) berichteten 23,5% der Infizierten von anhaltenden Symptomen. »Diese hohe Prävalenz von Long Covid nach vier Wochen hat mich sehr überrascht.« so Dr. Blome. Möglicherweise sei dies auf das Studiendesign als repräsentative Querschnittsbefragung sowie die darin enthaltene breitere Symptom-Definition zurückzuführen.

Diese hohe Prävalenz von Long Covid nach vier Wochen hat mich sehr überrascht.

Dr. Christine Blome

Besonders besorgniserregend sind die Auswirkungen auf Arbeitsproduktivität, Erwerbsfähigkeit und Alltagsaktivitäten. Über die Hälfte der Personen mit Post-Covid über drei Monate gab moderate oder starke Beeinträchtigungen in diesen Bereichen an. Bei einer Krankheitsdauer von über sechs Monaten blieb eine erhebliche Beeinträchtigung bestehen. Dr. Blome betonte, dass die Symptome bei länger andauerndem Long- oder Post-Covid häufiger auftreten.

Die wirtschaftlichen Verluste sind immens. Im Jahr 2023 konnten Menschen mit Long-Covid-Diagnose in Deutschland durchschnittlich 65 Tage nicht arbeiten, sie waren deutlich länger krankgeschrieben als der Durchschnitt von etwa 24 Tagen. Schätzungen beziffern den volkswirtschaftlichen Schaden auf über 10 Milliarden Euro pro Jahr.

Um Betroffenen die (teilweise) Weiterarbeit zu ermöglichen und eine Verschlechterung des Zustands (insbesondere bei Post Exertional Malaise – PEM) zu vermeiden, schlug Dr. Blome verschiedene Anpassungen an Arbeitsplätzen im Büro vor. Dazu gehören:

  • Flexibilität hinsichtlich Arbeitszeiten, Arbeitsort und Aufgaben
  • Flexible Pausen zur Vermeidung von Überlastung
  • Ruhigere Arbeitsumgebung bei Reizempfindlichkeit
  • Liegemöglichkeiten bei Fatigue
  • Angepasste Einsatzmöglichkeiten bei körperlichen Einschränkungen (z.B. sitzende Tätigkeiten statt Außendienst)
  • Asynchrone Kommunikation (z.B. mehr E-Mails statt Videokonferenzen) bei Konzentrationsstörungen (z.B. durch Brainfog)

In Berufen mit hoher körperlicher Betätigung (z.B. Fertigung, Baugewerbe, Handwerk, Pflege) oder mit hohem Anteil menschlicher Interaktion (z.B. Lehrberufe, Dienstleistungen, Pflege) müssten andere Wege gegangen werden. Hier kommt es vor allem darauf an, für Verständnis und Aufklärung bei Arbeitgebern, Führungskräften und Kollegen zu sorgen. Long Covid ist eine schwerwiegende körperliche Erkrankung und keine psychische Belastung oder Hypochondrie. Offenheit und die Ermutigung, sich nicht zu überlasten, sind entscheidend. Anekdotische Berichte deuten jedoch darauf hin, dass die Bereitschaft von Arbeitgebern, auf diese Anpassungen einzugehen, sehr unterschiedlich ist. Das Wissen von Arbeitgebervertretungen um die  Thematik scheint bisher begrenzt zu sein.

Es besorgt mich sehr, dass wiederholte Infektionen den Gesundheitszustand vieler Arbeitskräfte fortlaufend verschlechtern könnten.

Dr. Christine Blome

Abschließend betonte Dr. Blome die Bedeutung der Prävention, sowohl durch vollständiges Auskurieren von Infektionen generell als auch durch die Sicherstellung guter Luftqualität am Arbeitsplatz, um Infektionen zu reduzieren. »Es besorgt mich sehr, dass wiederholte Infektionen den Gesundheitszustand vieler Arbeitskräfte fortlaufend verschlechtern könnten.«, stellte Dr. Blome abschließend klar. 

Die Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Lufthygiene setzt sich für saubere Luft für alle ein, da dies die Basis für Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Teilhabe darstellt und dazu beiträgt, die negativen Folgen von Infektionskrankheiten wie Long Covid einzudämmen. Die DAGL bietet Informationsmaterialien wie Flyer und Infokarten zum Thema Lufthygiene an, die an Arbeitgeber weitergegeben werden können. Ziel der DAGL ist es, ein Bewusstsein für die Wichtigkeit sauberer Luft zu schaffen und politische Entscheidungsträger zum Handeln zu bewegen. Ein CO2-Wert für Innenraumluft, der konsequent unter 1000ppm zu halten ist, wird als wichtiges Ziel angesehen, um Konzentrationsfähigkeit und Leistungsfähigkeit zu sichern.

Die Ergebnisse der ECOS-Studie, die eine hohe Prävalenz von Long Covid und erhebliche Auswirkungen auf das Arbeitsleben zeigen, sind bislang noch nicht veröffentlicht. Ein Peer-Review-Verfahren wird in den kommenden Wochen vor der Veröffentlichung noch durchlaufen.

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