Schutz vor luftübertragenen Erkrankungen in Schulen – aktuelle Regelungen und Optionen in Deutschland

Dieser Text wird laufend aktualisiert (zuletzt: 17.11.2024)

Die Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Lufthygiene e.V. (DAGL) hat sich im Oktober 2024 mit einer umfassenden Anfrage an alle Kultusministerien der deutschen Bundesländer gewandt. Ziel der Anfrage ist es, mehr über die gegenwärtigen und geplanten Maßnahmen zum individuellen Gesundheitsschutz vor luftgetragenen Schadstoffen und Krankheitserregern in Schulen zu erfahren. Das Thema gewinnt vor dem zu erwartenden weiteren Anstieg der Infektionszahlen in den Herbst- und Wintermonaten zunehmend an Bedeutung.

Die DAGL setzt sich für die Förderung einer hohen Luftqualität ein und macht auf die Bedeutung sauberer Luft insbesondere in Schulen aufmerksam. Mit wissenschaftlich fundierten Empfehlungen strebt die Organisation an, Schulen durch präventive Maßnahmen wie CO₂-Messungen, regelmäßiges Lüften, Einsatz von Luftreinigungsgeräten und Emissionskontrollen zu sichereren und gesunden Lernorten zu machen.

Fragen an die Kultusministerien (KMs)

  • Maßnahmen zur Vermeidung luftgetragener Schadstoffe (hier interessieren besonders das Thema „Lüften sowie die Einsatzmöglichkeiten von CO₂-Ampeln und mobilen Luftreinigern):
    Welche präventiven Maßnahmen gibt es aktuell, um die Luftqualität an Schulen zu verbessern?
  • Möglichkeit des individuellen Schutzes: Gibt es Richtlinien oder Regelungen, die es Schüler*innen, Lehrkräften und Schulpersonal ermöglichen, eigenverantwortlich Schutzmaßnahmen wie das freiwillige Tragen von Masken gegen Viren wie SARS-CoV-2 und Influenza umzusetzen?
  • Einsatz und Wartung mobiler Luftreinigungsgeräte (falls diese in den Schulen im Einsatz sind): Welche Räume sind damit ausgestattet und wer ist für Betrieb und Wartung zuständig?

Bisher haben 10 von 16 Kultusministerien auf die Anfrage der DAGL reagiert: Bayern, Berlin, Brandenburg, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen und Thüringen. Dieser Beitrag wird bei weiteren Antworten der KMs laufend aktualisiert.

Kein neuen Vorgaben zum Infektionsschutz für Schulen geplant

Von den Kultusministerien, die auf unsere Anfrage bisher reagiert haben, sind keine neuen Vorgaben zum Infektionsschutz in Schulen geplant. Alle verweisen darauf, dass im Rahmen der Pandemie neues Wissen zur Notwendigkeit der Luftreinhaltung gewonnen und auch breit geschult worden sei. Hierunter falle insbesondere das Thema „Lüftung“, welches insbesondere im Zusammenspiel mit dem Einsatz von CO₂-Ampeln in den Schulalltag Einzug gehalten habe.

So verweist das Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen beispielsweise auf das Bildungsportal NRW zum Themenschwerpunkt Innenraumhygiene. Hier findet man eine Sammlung verschiedener Fachpublikationen zum Thema „Innenraumlufthygiene“. Inwiefern diese Informationen in Leitfäden oder verpflichtende Regelungen für Schulträger einfließen, bleibt leider offen.

Das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus stellt fest:

„Gerade das Thema Lüften bzw. Luftqualität nahm einen hohen Stellenwert ein und rückte in bisher nie da gewesener Weise in das Bewusstsein der Schulfamilie.“

Vom Landesamt für Schule und Bildung des Freistaates Sachsen wird zum Thema „Lüften“ vor allem auf Regeln und Richtlinien zur Raumluftqualität, wie z.B. der Arbeitsstättenregel „Lüften“ (ASR A3.6) verwiesen. Diese würden im Lüftungsplan für jeden einzelnen Klassenraum im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung berücksichtigt. Zudem seien diese im Rahmen regelmäßiger Begehungen durch die Fachkraft für Arbeitssicherheit und einen Betriebsarzt in der jeweiligen Schule zu überprüfen (1x jährlich bzw. bei Grundschulen alle 2 Jahre).

Und das staatliche Schulamt Frankfurt (Oder) in Brandenburg betont:

„Arbeitsschutz und Lehrkräftegesundheit am Lernort und Arbeitsplatz Schule sind zentrale Anliegen einer Schulgesundheitskultur. Das Vorschriftswerk stellt dabei die Prävention an die erste Stelle. Das Bemühen um Prävention kann aber nur erfolgreich sein, wenn alle Beteiligten die Maßnahmen unterstützen und vertrauensvoll zusammenarbeiten.“

In Berlin bestehen nach Aussage der zuständigen Senatsverwaltung für Kinder, Jugend und Bildung

„derzeit keine rechtlichen Vorgaben […], die das Lüften oder den Gebrauch von Luftfiltergeräten verbindlich regeln“.

Kultusministerien erkennen Eigenverantwortung für Infektionsschutz an

In Bayern, Brandenburg, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Sachsen und Thüringen ist allen Schüler*innen, Lehrkräften sowie weiterem Schulpersonal das freiwillige Tragen von Infektionsschutzmasken nach eigener Risikoabwägung gestattet. Es bedarf nach Aussagen der Kultusministerien hierfür weder eines besonders hohen Infektionsgeschehens noch einer speziellen Genehmigung. Die Entscheidung, ob eine Maske im Schulalltag getragen wird, liegt bei jeder einzelnen Person.

In Thüringen verweist man zusätzlich auf eine Handreichung zum Thema „Schule – Hygiene – Infektionsschutz“, welche vom Freistaat herausgegeben wurde und die Anforderungen nach §36 Infektionsschutzgesetz konkretisieren soll. Darin heißt es beispielsweise:

„Folgende persönliche Hygienemaßnahmen sind hilfreich, um die Ausbreitung von Infektionen zu verhindern: […] das freiwillige Tragen einer Atemschutzmaske zum Eigen- und Fremdschutz, insbesondere bei Erkältungssymptomen.“

Im Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen macht man darüber hinaus deutlich:

„Selbstverständlich wird niemand wegen des Tragens einer Schutzmaske diskriminiert; Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler (bzw. deren Eltern) entscheiden eigenverantwortlich, ob eine Maske getragen wird oder nicht.“

Aus Rheinland-Pfalz heißt es einschränkend:

„Das Tragen einer Mund-Nasen-Maske in der Schule bzw. im Unterricht ist für Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte möglich, sofern gesundheitliche Gründe dies erfordern und schulorganisatorische und unterrichtliche Belange dadurch nicht eingeschränkt werden (z. B. im Sport- und Musikunterricht).“

Auch in Berlin schränkt man den individuellen Gesundheitsschutz in Schulen ein:

„Das freiwillige Tragen einer Infektionsschutzmaske ist grundsätzlich zwar zulässig, es muss aber in jedem Einzelfall seitens der Schule geprüft werden, ob und inwiefern besondere Gründe dem Tragen einer Maske entgegenstehen.“

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Luftreiniger liegen in der Verantwortung der Schulträger

Bereitstellung, Betrieb und Wartung von mobilen Luftreinigern in Schulen liegen laut Aussage aller antwortenden Kultusministerien in der Verantwortung der kommunalen Schulträger. Zwar stellten die Landesregierungen während der Pandemie den Schulträgern erhebliche finanzielle Fördermittel für die Anschaffung solcher Geräte zur Verfügung. Doch sehen die Kultusministerien sich nicht in der Verantwortung klare Regeln zum Einsatz dieser Geräte aufzustellen.

Von Seiten des Niedersächsischen Kultusministerium heißt es hierzu:

„Die Schulträger haben nach dem Niedersächsischen Schulgesetz (NSchG) die erforderlichen Schulanlagen zu errichten, mit der notwendigen Einrichtung auszustatten und ordnungsgemäß zu unterhalten. Was als erforderlich (bei der Errichtung von Schulanlagen), notwendig (bei deren Ausstattung) und ordnungsgemäß (bei deren Unterhaltung) anzusehen ist, entscheidet der Schulträger in eigener Zuständigkeit (§ 108 Abs. 1 NSchG). Dabei sind u. a. die Vorgaben des Bauordnungsrechts, des Arbeitsstättenrechts und des Rechts der Unfallversicherungsträger einzuhalten. Dies betrifft auch die ordnungsgemäße Lüftung von Unterrichts- und Arbeitsräumen.
[…]
Die Ausstattung mit Schutzausstattung sowie Lüftungs- oder Luftreinigungstechnik und gegebenenfalls CO₂-Ampeln (Luftgüteampeln) ist grundsätzlich Aufgabe der Träger. Diese entscheiden in eigener Zuständigkeit über die Notwendigkeit. Die abnehmende Anzahl an Förderanträgen zeigt, dass seitens der Träger kein Ausstattungsbedarf mehr gesehen wurde.“

Aus Hamburg erreichten uns von Seiten der Behörde für Schule und Berufsbildung (BSB), die gleichzeitig auch Trägerin der städtischen Bildungseinrichtungen ist, folgende Hinweise:

„Hamburg hat für alle Unterrichtsräume rund 21.000 mobile Luftfiltergeräte angeschafft. Diese Geräte sind aktuell nicht im Einsatz, könnten im Falle einer neuerlichen Pandemie-Gefahr aber aktiviert werden. CO₂-Ampeln und ähnliche Geräte wurden von vielen Schulen angeschafft, über den aktuellen Einsatz haben wir keine zentralen Daten.“

Fazit

Das grundlegende Verständnis für die Notwendigkeit gesunder und sauberer Raumluft in Schulen ist in Deutschland noch nicht flächendeckend vorhanden. Zwar gibt es infolge der Erfahrungen, die im Rahmen der Corona-Pandemie gemacht wurden, vereinzelt eine erhöhte Sensibilität für das Thema. Den Schulalltag prägt weithin aber ein geringes Bewusstsein, dass saubere Luft auch ein wichtiger Baustein für eine gesunde Lernumgebung ist. Besonders problematisch ist es, wenn der individuelle, persönliche Infektionsschutz durch Einschränkungen erschwert wird. Hier möchten wir als DAGL ansetzen und die breite Öffentlichkeit sowie politische Entscheidungsträger*innen für dieses wichtige Thema sensibilisieren.

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